Poesie am Steverwall – Stele 2
Thema 2023:
„Mut – trotz alledem!“
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am Steverwall
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Noch findet er statt
der Sonnenaufgang
Die dunkle Nacht, noch
wird sie veranstaltet.
Wolf Biermann (geboren 1936) Gedicht „Nachricht“ (1968)
Wolf Biermann wuchs in Hamburg als Sohn einer vom NS-Staat verfolgten, kommunistischen Familie auf. Sein Vater wurde im KZ ermordet. Mit 17 Jahren zog es ihn in die DDR, wo er zunächst von einer neu zu gestaltenden Gesellschaft träumte. Bald aber erkannte er die Irrtümer und den Machtmissbrauch der sozialistischen Parteidiktatur und wurde zu einem der radikalsten Kritiker des Systems – und zu einer Symbolfigur des Widerstandes.
1976 verbot ihm daraufhin das DDR-Regime nach einer Konzertreise im Westen die Rückkehr in das Land und entzog ihm die Staatsbürgerschaft. Eine ungeahnte Protestbewegung zu seiner Unterstützung leitete daraufhin das Ende der sozialistischen Diktatur und des Staates DDR im Jahre 1989 ein.
Wolf Biermann blieb auch im Westen ein politischer Rebell. Seine Gedichte und scharfzüngigen Essays wirken in die Tagespolitik hinein. Seine Werke gehören zu den meistbeachteten in der deutschen Nachkriegsliteratur. Er wurde mit allen großen Literaturpreisen der Bundesrepublik ausgezeichnet. Als Liedermacher ist er erfolgreich in vielen Ländern.
Sein Gedicht: „Nachricht“ ist durchaus untypisch für Biermann. Es gibt keine musikalische Fassung, wie bei so vielen seiner anderen Gedichte. Er schrieb diese Zeilen 1968 vor dem Hintergrund des Einmarsches der Armeen des sogenannten Warschauer Pakts in die damalige Tschechoslowakei. Dies geschah unter der Führung der Kommunistischen Sowjetunion, um die demokratische Entwicklung in der CSSR, den sogenannten Prager Frühling zu beenden. Sofort erkennt man heute eine Parallele zum Einmarsch Russlands in die Ukraine.
Wolf Biermanns Gedicht verknüpft meisterhaft die symbolhaften Bilder Tag bzw. Sonnenaufgang und Nacht. Der Sonnenaufgang bedeutet uns Freude, Leben, Aufbruch und Mut. Die Dunkelheit der Nacht, auch Symbol für den Tod, wird durch den Tag überwunden. Die Dunkelheit wird „veranstaltet/gemacht“, ist also nicht schicksalhaft und kann vom Menschen positiv gestaltet werden. Einfache Worte Biermanns ohne Überhöhungen, die an Bert Brecht erinnern und uns Mut machen können trotz alledem.
Wolf Biermann wuchs in Hamburg als Sohn einer vom NS-Staat verfolgten, kommunistischen Familie auf. Sein Vater wurde im KZ ermordet. Mit 17 Jahren zog es ihn in die DDR, wo er zunächst von einer neu zu gestaltenden Gesellschaft träumte. Bald aber erkannte er die Irrtümer und den Machtmissbrauch der sozialistischen Parteidiktatur und wurde zu einem der radikalsten Kritiker des Systems – und zu einer Symbolfigur des Widerstandes.
1976 verbot ihm daraufhin das DDR-Regime nach einer Konzertreise im Westen die Rückkehr in das Land und entzog ihm die Staatsbürgerschaft. Eine ungeahnte Protestbewegung zu seiner Unterstützung leitete daraufhin das Ende der sozialistischen Diktatur und des Staates DDR im Jahre 1989 ein.
Wolf Biermann blieb auch im Westen ein politischer Rebell. Seine Gedichte und scharfzüngigen Essays wirken in die Tagespolitik hinein. Seine Werke gehören zu den meistbeachteten in der deutschen Nachkriegsliteratur. Er wurde mit allen großen Literaturpreisen der Bundesrepublik ausgezeichnet. Als Liedermacher ist er erfolgreich in vielen Ländern.
Sein Gedicht: „Nachricht“ ist durchaus untypisch für Biermann. Es gibt keine musikalische Fassung, wie bei so vielen seiner anderen Gedichte. Er schrieb diese Zeilen 1968 vor dem Hintergrund des Einmarsches der Armeen des sogenannten Warschauer Pakts in die damalige Tschechoslowakei. Dies geschah unter der Führung der Kommunistischen Sowjetunion, um die demokratische Entwicklung in der CSSR, den sogenannten Prager Frühling zu beenden. Sofort erkennt man heute eine Parallele zum Einmarsch Russlands in die Ukraine.
Wolf Biermanns Gedicht verknüpft meisterhaft die symbolhaften Bilder Tag bzw. Sonnenaufgang und Nacht. Der Sonnenaufgang bedeutet uns Freude, Leben, Aufbruch und Mut. Die Dunkelheit der Nacht, auch Symbol für den Tod, wird durch den Tag überwunden. Die Dunkelheit wird „veranstaltet/gemacht“, ist also nicht schicksalhaft und kann vom Menschen positiv gestaltet werden. Einfache Worte Biermanns ohne Überhöhungen, die an Bert Brecht erinnern und uns Mut machen können trotz alledem.
Wolf Biermann. Nachricht
Noch findet er statt
der Sonnenaufgang
Die dunkle Nacht, noch
wird sie veranstaltet.
Erstaunlich! Auch diese Früh fand ich mich wieder am Leben. Erleichtert auch merkte ich den Atem dicht neben mir: Die Erde ist also immer noch bevölkert.
Den Radiomeldungen über die neuesten Fortschritte der Kriege kann ich beruhigt entnehmen: Noch dauert an die Existenz der Gattung Mensch.
Ausgerottet, lese ich in der Abendzeitung, hat sich noch nicht, was da alltäglich nach Frieden schreit.
Noch findet er statt
der Sonnenaufgang
Die dunkle Nacht, noch
wird sie veranstaltet.